
Sich nicht unterkriegen lassen
„Ich hatte schon länger Probleme mit der Schulter, konnte den Arm nicht mehr über waagerecht halten“, berichtet Nick Lange von der Verletzung, die ihn zu über einem Jahr Pause gezwungen hat. Durch Physiotherapie hatte der 21-Jährige die Probleme immer wieder in den Griff bekommen, aber eben nicht hundertprozentig, weshalb er sich entschied, einen Arzt aufzusuchen. Es folgten MRT, CT, „alles drum und dran“. Diagnose: Schulterdachbruch.
Im ersten Moment ein Schock für den Kunstradfahrer vom RSV Unterweissach: „Du weißt, dass du jetzt länger ausfallen wirst; du weißt, dass du auf den OP-Tisch kommst.“ Doch davon ließ sich Lange nicht unterkriegen und sagt von sich selbst, dass er direkt wieder nach vorne geschaut habe: „Es wird auch wieder gute Zeiten geben.“
Letztendlich waren es zwei Operationen, die er durchstehen musste, und 13 Monate, die er auf das Training gezwungenermaßen verzichtete. In der Zeit hat er täglich Reha-Training gemacht, um seine Schulter wieder fit zu bekommen. Einen Ausgleich hat er im Schwimmen, Joggen oder Radfahren gefunden. Und nicht alles an der Pause war schlecht – „Ich hatte mehr Zeit, um etwas mit Freunden zu unternehmen“, erzählt der 21-Jährige.
Was letztendlich zählte, war, dass er noch nicht bereit war, das Kunstrad an den Nagel zu hängen. Dafür bedeutete Nick Lange der Sport zu viel und war zu lang schon ein Teil seines Lebens gewesen. „Es ist einfach wie eine Familie und man hat gute Freunde durch den Sport gefunden.“
An zwei Momente aus den bald 16 Jahren erinnert er sich besonders gern zurück. Zum einen die Deutsche Meisterschaft 2016, bei der er in der Sattellenkerhandstand 8 ins Rad gefallen war – ein Moment, der wohl vielen noch in Erinnerung ist. „Die schnelle Reaktion von Mautes, dass ich das Vorderrad von Max bekommen konnte, hat mir viel bedeutet und zeigt auch wieder unsere Freundschaft“, meint Lange. Eine Geste, durch die es ihm möglich war, seinen ersten Deutschen Meistertitel zu gewinnen.
Der zweite Moment war ebenfalls 2016: die Junioren-Europameisterschaft in Baar. „Max hatte eine geile Kür vorgelegt mit Bestleistung und ich war danach ziemlich unter Druck und dachte mir so ‚Will ich da an den Start gehen?‘“, erinnert er sich schmunzelnd. Doch nach seinen fünf Minuten war die Erleichterung groß und er hatte es geschafft, seinen Europameistertitel zu verteidigen.
„2016 war meine beste Saison, die ich je gefahren habe.“ Doch seit er in der Eliteklasse startet, sei er „dauerhaft von Verletzungen und Problemen geplagt“ und ist sich auch nicht sicher, wie viel er seinem Körper noch antun möchte.
Was er durch den Sport aber gelernt hat, ist, dass Gewinnen allein nicht glücklich macht, sondern vor allem das Umfeld eine Rolle spielt. Und trotzdem hofft er, auch in der Elite einmal zeigen zu können, dass er da sei und 100 Prozent geben könne.
Seine Schulterverletzung schränkt den Kunstradfahrer zwar noch ein, beispielsweise bei der Vorhebehalte in den Handstand, aber es „war gut, sich für die OP zu entscheiden“ und er würde die Entscheidung auch wieder treffen. Für die Zukunft wünscht er sich einen gesunden, fitten Körper - und: „Ich möchte einfach mal eine Saison verletzungsfrei bleiben“, meint Lange. Momentan sei zwar wieder Reha-Training angesagt, aber „mal schauen, was die Elite-Jahre so geben werden.“


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