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Türchen 2

Julia Bachmann

Kunstradgeschichte geschrieben


„Wir sind schon in unserer zweiten Saison jede Belastungsübung gefahren. Und dann blieb da nur noch die eine Übung.“


Die eine Übung – der Übergang von Reitsitzsteiger zum Steuerrohrsteiger mit Schulterstand.

Als Nina Stapf und Patrick Tisch angefangen haben, Kunstrad zu fahren, haben wohl beide nicht geahnt, dass sie gemeinsam in die Kunstrad-Historie eingehen werden. Denn es hat schon gedauert, bis sie sich als 2er-Paar gefunden hatten.


2015 hörte Nina Stapfs Partnerin auf, Kunstrad zu fahren – die Oberfrau stand ohne Partner da. Zwar hat sie Ausschau nach einer neuen Unterfrau oder einem neuen Untermann gehalten, doch in der Umgebung gab es niemanden, der in Frage gekommen wäre. Zwei Jahre später war die Situation bei Patrick Tisch ähnlich. Auch seine Partnerin hatte das Kunstrad an den Nagel gehängt.


Letztendlich war es Bundestrainer Dieter Maute, der den entscheidenden Einfall hatte. „Er kam auf die Idee, dass er uns ja zusammenstecken könnte“, berichtet Stapf. „Ich hatte damit überhaupt nicht gerechnet, weil ich zu der Zeit ja auch schon zwei Jahre aus dem Sport raus war.“ Es wäre zwar immer erstmal ein großer Rückschlag, wenn die Partnerin sagt, dass sie aufhöre, aber davon wollten sie sich nicht unterkriegen lassen. Beide Sportler waren sich einig, dass sie es auf jeden Fall zusammen versuchen wollten.


Es war die richtige Entscheidung: Nach nicht mal einem gemeinsamen Jahr konnten Tisch/ Stapf sich im Juni 2018 in Wiesbaden gegen die Konkurrenz durchsetzen und den Europameistertitel gewinnen. Im selben Jahr folgte die Qualifikation zur Weltmeisterschaft im belgischen Lüttich, von der sie mit der Bronzemedaille zurückkehrten.


In diesem Jahr schafften die Magstadter Sportler es nun, sich in die Kunstrad-Geschichtsbücher einzutragen. Als erstes und bisher einziges Team erlernten sie den Übergang vom Reitsitzsteiger zum Steuerrohrsteiger mit Schulterstand und zeigten ihn in ihrer Kür. Doch bis dahin war es ein weiter Weg.


„Wir wussten, dass die Übung von manchen nicht so gut angesehen wird, weil sie ein hohes Risiko mit sich bringt. Aber wir wollten es einfach versuchen und selber wissen, ob die Übung tatsächlich machbar ist“, erzählt Stapf rückblickend. Der Reiz war größer als das Risiko. So begannen Tisch/ Stapf im Januar dieses Jahres, den Übergang zu trainieren.

Doch dann bekamen sie mit, dass es Diskussionen gab, den Übergang aus dem Reglement zu streichen, da er eben als so gefährlich eingestuft wurde. „Wir haben dann gesagt, dass wir gerade an der Übung dran sind, sie auch auf jeden Fall weiter trainieren möchten und sie deshalb im Reglement bleiben soll.“


Die Aufregung war letztendlich groß, als Tisch/ Stapf den Übergang zur 2. German Masters dieses Jahr zum ersten Mal vor Publikum fuhren und ihn scheinbar mühelos bewältigten. „Jetzt haben wir auch gezeigt, dass die Übung auf jeden Fall machbar ist“, meint Stapf dazu stolz.


Die beiden 23-Jährigen glauben jedoch nicht, dass ihnen das so schnell jemand nachmachen kann: „Bei uns haben einfach die Voraussetzungen und gerade die körperlichen Bedingungen echt gut gepasst.“


Jetzt steht für Tisch/ Stapf auf dem Plan, Routine in ihr Programm zu bekommen, damit die ausgefahrene Punktzahl konstanter wird. Den Wunsch, die „160er-Punktemarke“ zu knacken, konnten sie sich beim Weltcup-Finale in Erlenbach vor zwei Tagen erfüllen. Für die Zukunft ist das Ziel auf jeden Fall eine erneute WM-Teilnahme.



 
 
 

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