top of page

Türchen 23:


„Es ist der Ausgleich zur Arbeit und der Berufsschule. Die Turnhalle ist der Rückzugsort, wenn man mal nur auf sich und den Sport fokussiert sein will. Dabei kann ich abschalten und alle anderen stressigen Dinge, die im Leben passieren, ausblenden“, ist sich die 21-jährige Celine Grochol sicher.


Das gleiche gilt für ihre Zweierpartnerin Julia Bachmann. Die 20-jährige Studentin aus Halle ist extra wegen dem Kunstradfahren in der Nähe geblieben. Und das lohnt sich, denn Julia ist nicht nur als Kunstradfahrerin im 2er unterwegs. „Ich bin als Sportlerin im 1er und 2er Kunstradfahren aktiv, bin mit für unsere Auftritte verantwortlich. Wenn keiner der Trainer kann, springe ich auch mal beim Vereinstraining ein, aber ich habe eben keinen Trainerschein. Beim D-Kader trainiere ich den Nachwuchs mit und bin dort auch für den Part Krafttraining verantwortlich. Seit 2018 bin ich Kampfrichterin und werde ab 2020 den Posten der Kampfrichterobfrau Sachsen-Anhalts übernehmen und somit die Kampfrichterschulungen und -ausbildungen im Bundesland durchführen.“ Außerdem kümmert sie sich nebenbei noch um Presseberichte für ihren Verein und wer Julia kennt, weiß, dass sie leidenschaftlich gerne fotografiert. Aus diesem Grund kann man sie oft bei Wettkämpfen während des Fotografierens am Flächenrand beobachten. Sitzt sie dort nicht, dann fährt sie entweder auf der Fläche oder bereitet sich auf ihren Start vor.


Celine erzählt davon, dass sie viele Übungen schön findet und gar keine richtige Lieblingsübung hat. „Aber eine Übung, die ich mir wünsche mal zu erlernen, ist Rahmenschulterstand/Kopfstand.“


Beide haben im frühen Kleinkindalter mit dem Kunstradfahren beim VfH Mücheln begonnen. Beide sind in diesem Jahr ihre erste Saison zusammen gefahren und können auf diese mächtig stolz sein. „Julia und ich sind unseren ersten richtigen Wettkampf gefahren. Die Anspannung war groß, wir hatten auch hier das Ziel, ein schönes Programm fahren, Erfahrungen sammeln und zeigen, was wir können. Am Ende sind wir 74,85 Punkte ausgefahren! Nicht nur Bestleistung sondern auch Quali-Norm für die German-Masters-Serie und den Deutschlandpokal... einfach genial!!! Und am Ende ist sogar ein Treppchen-Platz rausgesprungen, den wir uns nicht mal zum Ziel gesetzt hatten.“ Auch Julia erzählt von tollen Momenten, die sie in ihrem Leben schon erleben durfte, bedingt durch das Kunstradfahren. „Wettkämpfe, die weiter weg waren, Besuche von unserer Partnerstadt in Frankreich, der Besuch von den Japanern 2016, Vereinsfeste…“ Julia hat viele Dinge durch das Kunstradfahren gelernt. „Besonders durchs 2er habe ich gelernt, dass Vertrauen und Kommunikation unfassbar wichtig sind. Das ist im Sport dasselbe wie im Leben. Und wahrscheinlich das Wichtigste: Vertrauen in mich selbst zu haben.“


So schön das klingt, gab es aber auch Tiefpunkte in der Vergangenheit. Nachdem Celine ein Jahr in der USA war, um ein Auslandsjahr zu machen, verkündete ihr ihre damalige Zweierpartnerin, dass sie keine Wettkämpfe mehr fahren möchte. Die Entscheidung ihrer damaligen Partnerin verstand Celine zwar komplett, stand nun aber alleine da und das 1er-Fahren machte ihr nicht wirklich Spaß. „Ich bin ab und an mal wieder aufs Rad gestiegen, hatte aber keine Ziele und auch keine Motivation mehr. Aber dann habe ich meine Trainer-Ausbildung und meine Kampfrichter-Ausbildung gemacht und habe mich auf den Nachwuchs konzentriert. Ich bin Auftritte auf Veranstaltungen mitgefahren, aber das war es dann auch. Irgendwann stand dann die Frage im Raum, ganz aufzuhören... aber dann kam Julia“, erzählt Grochol.


Beide entschieden sich zum Zweierfahren. Beide sind allerdings immer Oberfrauen gewesen. Übungen auf zwei Rädern, wie beispielsweise Einzelschleifen, waren zwar weniger ein Problem und gingen eigentlich ziemlich schnell, auch weil sie diese wegen Showprogrammen vorher zusammen gefahren sind. „Das Problem waren dann die Übungen auf einem Rad, weil ich komplett umlernen musste“, so Bachmann. Celine erklärt, wie die Beiden zu der Idee, gemeinsam zu fahren, gekommen sind: „Ich bin für Julia ihre alte Partnerin ab und an eingesprungen, wenn sie nicht konnte. Und dann, als wir beide wirklich nur noch alleine waren, hat Frau Heimbach und auch meine Mutti mal gesagt, probiert es doch einfach mal, ihr habt nichts zu verlieren.“ Die beiden Kunstradfahrerinnen haben auch wieder feste Ziele. Die erneute Qualifikation für die German-Masters-Serie und den Deutschland-Cup stehen fest auf dem Plan der beiden Mädels. Julia betont auch vor allem das Erlernen neuer Übungen als Ziel. „Wir haben unser Programm aktuell schon um 15 Punkte im Vergleich zum letzten Wettkampf im Oktober aufgestockt.“ Längerfristig träumen aber Beide von dem Start an der Deutschen Meisterschaft und dafür wollen sie viele neue Übungen erlernen.


Besonders toll sind die Worte von Celine auf die Frage, was sie nach der kurzen Zweier-Zeit mit ihrer neuen Partnerin stolz macht. „Julia lebt jetzt ihre neue Rolle als Unterfrau voll aus! Ich bin stolz auf sie, dass sie diese riesen Aufgabe auf sich genommen hat und diese mit Bravur ausführt. Ich bin außerdem so stolz auf uns, wie wir uns beide in so kurzer Zeit entwickelt haben. Wir lernen schnell und sind super motiviert und ehrgeizig!!! Wir wollen es beide! Am Anfang waren wir zwei Oberfrauen, die sich mal probiert haben 2er zu fahren, um mal zu schauen, was dabei rauskommt. Am Ende dieses Jahres sind wir ein Team und können einander vertrauen. Jeder hat seine Aufgaben und trägt auch die Verantwortung für den anderen.“ Julia erwähnt, dass aus Mücheln noch nie jemand zuvor an einem German Masters teilgenommen hat und dass sie deshalb extrem stolz darauf sind, ihren Verein vertreten zu dürfen. Vor allem, weil sich Julia den Fuß brach und sie deshalb direkt nach ihrem Beginn im Januar 2019 einige Wochen pausieren mussten. „Aber auch an sich bin ich stolz auf uns, wie weit wir in den vergangenen Monaten gekommen sind.“ Beide hätten vor einem Jahr sich gar nicht vorstellen können, überhaupt so weit zu kommen. Nach dieser kurzen Zeit sind die Zwei schon weiter, als sie es je mit ihren alten Partnerinnen waren. „Ich bin unheimlich stolz auf Celine, weil sie wieder und wieder über sich hinaus gewachsen ist. Im Januar hätte sie wahrscheinlich nie gedacht, dass sie beim Lenkerstand/ Dornenstand mal den Lenkerstand fahren würde oder mal Einzelschleifen im Lenkersitzsteiger rückwärts - gerade weil ich bisher die einzige Sportlerin im Verein war, die die Übung konnte – und sie jetzt auch. Dasselbe beim Schulterstand. Wir sind einfach als Team unheimlich gut zusammengewachsen, wir haben nie den Spaß am Training verloren und wenn doch mal einer den Kopf hängen lassen hat, war der zweite umso optimistischer.“


Früher hatte Grochol immer Angst vor jeder neuen Übung. Mit dieser Saison hat sich das geändert. „Ich habe Respekt vor den neuen Übungen! Aber ich weiß, dass wir alles schaffen können!“ So freut sie sich darauf, die Höchstschwierigkeiten wie Schultersitze und Schulterstände mit Julia gemeinsam zu erlernen und auch Julia sagt: „Wir wollen noch jede Menge Übungen lernen und ausprobieren und einfach unsere Grenzen austesten. Wir wollen sehen, wie weit wir kommen können.“


(verfasst von Lea Styber - habe ich mich also überreden lassen, selbst Teil des Adventskalenders zu werden)





40 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Türchen 24:

bottom of page